Dienstag, 26. September 2017

der schoß war fruchtbar noch ...


wir aus der nachkriegsgeneration
haben es gehört und gesehen in
der nachbarschaft bei verwandten
wenn sie die alten lieder sangen
wenn der schnaps die zunge löste
wenn der onkel friedrich in die
gute stube trat zum geburtstag
von tante anna auf dem tisch
der selbstgebackene topfkuchen
vielleicht sogar rosinen war schwer
zu beschaffen auch butter und
richtiger bohnenkaffee ... er hob
die hand zum gruß zackig empor
den arm hochgerissen die finger
geschlossen und rief den namen
und noch wussten wir kinder nicht
was es zu bedeuten hatte, verlegenes
stühlerücken, in die seite stupsen
und tante anna tadelnd aber mit
nachsichtigem lächeln: aber onkel
friedrich... und auf der anrichte
das foto von dem gefallenen helden
nach hinten geschoben die schicke
schwarze schirmmütze aus glänzendem
stoff und dem totenkopf um den
rahmen der trauerflor ... aber später
da lernten wir es in der schule aber
man durfte zu hause nicht darüber
reden und immer wieder an den
familienfeiertagen kam der onkel
und das foto stand auf dem büfett
bis tante endlich zu ihrem heinrich
in die heldengruft gesenkt wurde
und ein paar alte kameraden den
kranz mit den reichsfarben nieder-
legten und das lied anstimmten...
sie hatten ihre geschichten erzählt
und das gift in die herzen und köpfe
geträufelt ...
©dherrmann ... und jetzt wieder
einfach zur tagesordnung übergehen

Donnerstag, 7. September 2017

grenzüberschreitend


rote hasen springen
in grasgrünen tapeten
wänden und der himmel
ist blau und sternenklar
schimmern weißgoldene
engel reiten auf
purpurnen rappen
fahlgelbe blitzgewitter
werden von blassblütigen
jünglingen ausgestreut
triumphbogen weiten sich
aus den arkaden sprengen
vergessene dämonen
reißen münder und maul
affen in ekstatischen
tänzen das ruder herum
im wirbel der dunkelsten
krater entblicken eishellen
augen den trümmern
des weltalls von allem
ein wenig geht
unter die haut
zerrt an den haaren
vernetzt mit fahrigen
strichen schwarzweiß
das gesichtsfeld
schweiß dringt aus
den poren fußsohlen
brennen die hand
sucht festen halt
einen unterstand
dein verstand
auf einer reise
deren ausgang
ungewiss ...

© dherrmann